Volkspark: Teure Tante

Wir sitzen im Freien, an einem floral verzierten Tisch. Der Tisch wackelt, der Kaffee, den wir trinken, ist mitgebracht, der Kuchen auch. Am Kiosk kann man abgepacktes Eis kaufen. Wir sitzen und gucken, Menschen schlendern vorbei, es ist zwei Uhr nachmittags, die Stunde der Mütter. Mütter mit Kinderwagen und Kindern, Kinder mit Spielzeug und Dreirädern. Am Kiosk viel Geheul, wegen der Eiskrem.

Zwei ältere Frauen, ein Kinderwagen, ein junger Mann und ein Kind. Das Kind ist ein Junge, ungefähr sechs Jahre alt. Der Mann ist um die 30, trägt akkuraten Schnitt, die obere Haardecke ist mit viel Gel nach hinten gelegt. Eine Frau ist korpulent, in roter luftiger Bluse und weißer Leinenhose. Sie schiebt einen Kinderwagen. Sie wird „Oma“ genannt.

Die andere Frau ist schlank und elegant: Mit High Heels stakst sie über den Asphaltweg in Richtung Kiosk. Sie trägt einen bordeauxroten Hut im 20er-Jahre-Stil, an der Seite steckt eine Kunstrose. Darunter eine hellblond gefärbte, kinnlange Bob-Frisur. Als sie sich zu uns dreht, wird klar, dass sie gar nicht so alt ist, vielleicht so um die 45, old-fashioned und gut gehalten.

Alles an ihr sitzt und scheint teuer: ihr schwarzes knielanges Kleid mit dem gepunkteten Schalkragen, der Kaschmir-Cardigan, die Schuhe, der Hut. Sie telefoniert, während die anderen voraus gehen und sich unterhalten, und ihre Körperhaltung ist die einer Frau, die Anweisungen erteilt. Mit dem Jungen spricht sie nicht. Wir wünschen dem Kind, dass sie die teure Tante ist, und nicht die Mutter.