Treybsand
Der Künstler Jörg Rößler im Porträt
Ein Gesicht versinkt im Sand und taucht wieder hervor. Es ist starr und leblos, eine Maske, in zahlreichen Wiederholungen als Vertikale geordnet. Der Sand greift nach dem Menschlichen wie nach einer Beute, um es dann stückweise wieder frei zu geben.
„Bipolar“ heibt Jörg Röblers zwei Meter hohes, schaurig-schönes Tableau. Es beschreibt den Verlust der Seele und zugleich ihr Ringen um Ganzheit, für den Künstler ein „Switchen zwischen Schwarz und Weib“. Schwarz und weib sind auch die seitlichen Farbfelder, die der verstörenden Erzählung Halt geben.
Röblers Arbeiten sind Mixed-Media-Arrangements mit skulpturalen Elementen: Der Kopf einer afrikanischen Frauenbüste erhebt sich aus der Leinwand wie aus einem Sandbett, das Sanskritzeichen OM liegt auf weibem Untergrund, Metallspäne werden zu abstrakten Collagen geordnet. Das Physische des Materials ist dabei allgegenwärtig. Unebenheiten, Vertiefungen und Erhebungen prägen die Bildoberfläche, Gesichter greifen in den Raum und geben den Arrangements einen dreidimensionalen Charakter.
Jörg Rösler, 1969 in Bernau bei Berlin geboren, ist Autodidakt. Der gelernte Maschinenführer zeichnete schon als Kind. Nachmittags ging er zum kunstliebenden Urgrobvater, der ein Laien-Orchester dirigierte und nebenbei in Oel malte. „Ich war im Zeichen- und Keramikzirkel, hab immer gemalt, gebastelt, gebaut. Kunst war das einzige Fach in der Schule, in dem ich wirklich gut war“, erinnert sich der 42jährige.
Nach dem Mauerfall arbeitete Röbler bei einem Bernauer Stadtfotografen und erlernte die Bildkomposition der Porträtfotografie. Große Aufträge waren Hochzeiten und Fotos für die Lokalzeitung. Mitte der Neunzigerjahre ging er nach Berlin und startete als Dj. Für das Techno-Label DNS Records verkaufte er tagsüber Platten, und nachts legte er auf, bei groben Raves in Industriehallen und Clubs wie dem Tresor.
„Mein Künstlername als Dj war Treybsand, und den hab ich eben behalten“, erklärt Röbler, „dass ich heute vor allem mit Sand arbeite, ist da eher ein Zufall.“ Zur bildenden Kunst als „neuem Lebenslösungsweg“ kam er 2006, seine ersten Arbeiten waren aus Katzenstreu, Blumenfresken, die er verschenkte. Der Bruder drängte ihn, weiter zu machen.
Heute sind die Arbeiten mutiger, abstrakter, und neben dem Sand ist Metall Röblers bevorzugtes Material. Er besorgt es von Schrottplätzen, und anderes aus Baumärkten, so wie die Palmrinde, „richtig grosse Lappen“, lacht der Künstler, „das war so ein Impuls, ich musste das kaufen. Mal sehen, was ich damit mache.“
©Jana Sittnick 2011 / treybsand-art
Artikelbild: Promo