Wilmersdorf – Steilkurve

möbelhuebner

Wir sind die letzten auf B.s Geburtstagsparty und tanzen (Vogue, Moonwalk, dicker Käfer – mit Armen und Beinen in der Luft – alles dabei): Eine Handvoll betrunkener Gäste, mit steil nach oben verlaufender Tanzkurve. Gastgeberin B. hält sich tapfer; irgendwann lehnt sie wortlos müde am Türrahmen, anstatt uns rauszuschmeißen. Also brechen wir auf, sagen lallend danke für die schöne Party, wünschen einen schönen Urlaub, Küsschen hier, Küsschen da, es  nimmt kein Ende. Draußen liegt der unbefleckte, stille Sonntagmorgen. Conny und ich gehen ein Stück. Conny ist Make-up-Artist, sie weiß, welche Schauspielerinnen richtige Zicken sind, und welche Trainer die Haare färben lassen. Aber Diskretion gehöre zu ihrem Job, sagt sie. Wer lästert, fliegt raus. Am Rathaus Schöneberg trennen wir uns, ich muss allein weiter. Der Stadtpark liegt da wie ausgestorben, es ist schon hell. Ich gehe am „Parkcafé Pusteblume“ vorbei, an windschiefen Pizzeria-Schildern, Zeitungsboten, Brotlieferanten und einer Rentnerin mit Hund. Nach einer Ewigkeit erreiche ich den S-Bahnhof. Vom Bahnsteig aus sehe ich an der Hauswand gegenüber die überlebensgroße Möbel-Hübner-Werbung, mit der Postleitzahl aus dem alten West-Berlin. Später, im alten Ost-Berlin, kaufe ich Kaffee und Croissants und grüße das graffiti-verzierte Thälmanndenkmal.