Ein Hauseingang, DDR-Plattenbau, Typ WBS 70. Zu hören ist ein unangenehmes Geräusch, ein Schreien-Krächzen, wie es Teenager hinkriegen, wenn sie so tun, als wären sie drauf, nachts um Drei. An diesem späten Vormittag kommt ein Mann hinter der Parkplatzhecke hervor, Anfang 50, eher nüchtern. Er zurrt den Besen, mit dem er die buckligen Betonplatten des Zufahrtsweges kehrt, an sich, schwingt ihn durch die Luft, hält ihn wie eine Waffe vor der Brust und zielt damit in Richtung Hauseingang. Im Hauseingang auf der Treppe sitzen zwei dicke Frauen und rauchen. Die Frauen lachen, der Mann guckt böse. Angelockt von seinem Schrei tritt eine Dritte aus dem Haus, bleibt hinter den anderen stehen und hebt die Faust mit dem Schlüsselbund. „Ja, ick bin der neue Chef hier“, sagt sie zum Mann, „ooch wenn da dit nich passt. Pass bloß uff, sonst jibtet wat uff´n Rüssel!“
Kategorie-Archiv: BERLIN – BLOG
Volkspark: Teure Tante
Wir sitzen im Freien, an einem floral verzierten Tisch. Der Tisch wackelt, der Kaffee, den wir trinken, ist mitgebracht, der Kuchen auch. Am Kiosk kann man abgepacktes Eis kaufen. Wir sitzen und gucken, Menschen schlendern vorbei, es ist zwei Uhr nachmittags, die Stunde der Mütter. Mütter mit Kinderwagen und Kindern, Kinder mit Spielzeug und Dreirädern. Am Kiosk viel Geheul, wegen der Eiskrem.
Zwei ältere Frauen, ein Kinderwagen, ein junger Mann und ein Kind. Das Kind ist ein Junge, ungefähr sechs Jahre alt. Der Mann ist um die 30, trägt akkuraten Schnitt, die obere Haardecke ist mit viel Gel nach hinten gelegt. Eine Frau ist korpulent, in roter luftiger Bluse und weißer Leinenhose. Sie schiebt einen Kinderwagen. Sie wird „Oma“ genannt.
Die andere Frau ist schlank und elegant: Mit High Heels stakst sie über den Asphaltweg in Richtung Kiosk. Sie trägt einen bordeauxroten Hut im 20er-Jahre-Stil, an der Seite steckt eine Kunstrose. Darunter eine hellblond gefärbte, kinnlange Bob-Frisur. Als sie sich zu uns dreht, wird klar, dass sie gar nicht so alt ist, vielleicht so um die 45, old-fashioned und gut gehalten.
Alles an ihr sitzt und scheint teuer: ihr schwarzes knielanges Kleid mit dem gepunkteten Schalkragen, der Kaschmir-Cardigan, die Schuhe, der Hut. Sie telefoniert, während die anderen voraus gehen und sich unterhalten, und ihre Körperhaltung ist die einer Frau, die Anweisungen erteilt. Mit dem Jungen spricht sie nicht. Wir wünschen dem Kind, dass sie die teure Tante ist, und nicht die Mutter.
Friedrichshain I: Sport
Friedrichshain I: Sport
Sonntagmittag – joggen oder ins Berghain? Oder joggend ins Berghain?
Prenzlauer Berg III: Castingallee
Zebra – Leggings und Flip-Flops an breiten Frauenbeinen. Ich frage Lars, ob es in der Rumbalotte lustig ist, oder eher so ossi-mäßig vernörgelt. Lars sagt, eigentlich beides, vernörgelt und auch wieder lustig.
Prenzlauer Berg II: Döner – Peter
Prenzlauer Berg II: Döner – Peter
Ein Mann mit BaseCap kommt herein, groß, Ende 40, blonder Schnurrbart. Man begrüßt ihn, hallo Peter, wie geht’s? Er bestellt Essen, holt sich ein Bier, singt zur Radiomusik. Dann tanzt er einen Disko-Fox. Peter ist fröhlich, Peter ist drauf. Der türkische Mitarbeiter ermahnt ihn, er sei hier nicht allein. Es ist Montagnachmittag, vier Uhr. Ich schaue zu, gespannt, was Peter als Nächstes macht. Er setzt sich an den Nachbartisch, sagt, der Schah sei der letzte rechtmäßige Regent von Persien gewesen, und nicht etwa Ahmadineschad, der Vogel.
Prenzlauer Berg I: Gentrifizierung
Wir sitzen auf der Straße, trinken Cocktails und jemand sagt, dass die Gentrifizierung hier schon in die dritte Runde geht. Die Zugezogenen der frühen 90er würden die Zugezogenen hassen, die später nachkamen, und beiden gemeinsam wäre der Hass auf die, die Samstags auf dem Öko-Gourmet-Markt am Kollwitzplatz den Larry machten.