Geburtstag in Ostberlin

Geburtstag

Heute ist mein Geburtstag. Früher hatte ich an diesem Tag immer frei, wie die gesamte DDR-Bevölkerung, es war der Tag der Republik, und Kinder wie ich, am DDR-Nationalfeiertag geboren, hießen Republikskinder. Als ich klein war, nahm mich mein Vater mit zur großen Militärparade auf der Karl-Marz-Allee in Ostberlin. Ich saß auf seinen Schultern und staunte Panzerrohre an. Die Allee war gesperrt für den Autoverkehr, hier marschierten die Werktätigen mit ihren Kampfgruppen, die Pioniere, FDJler und die Turnerinnen der Rhythmischen Sportgymnastik für Frieden und Sozialismus. Auf der Tribüne standen Mitglieder des Politbüros des ZK der SED (Erich Honecker, Günter Mittag, Egon Krenz und andere) und winkten dem Volke zu. Ein alter Mann mit Hut, umringt von anderen alten Männern. Mein Vater zwinkerte und sagte, die Militärparade sei extra für mich gemacht. Dann aßen wir am Alexanderplatz Bockwurst und Streuselkuchen, den wir gegen Gratis-Essensmarken der Siebten-Oktober-Parade tauschten.

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