Golem in Kreuzberg

Golem

Lustig geht es los im Sagengewirr um diese düstere Gestalt; mit handgroßen bunten Plastikfiguren, made in China. Sie sind die Merchandise-Ableger bekannter Computerspiele wie Minecraft, heißen Eisen-Golem, Steam-Golem oder Urugal und sind neutrale Kreaturen, die zum Schutz der Dorfbewohner auch mal Schweinezombies angreifen.

Der Golem, so die Sage der jüdischen Mystik, ist ein vom Menschen erzeugtes Geschöpf aus Erde und Staub, unter Anwendung magischer Formeln zum Leben erweckt. Seinem Meister hörig, soll er die von Gewalt und Usurpation bedrohte Gemeinschaft schützen. Doch die Kreatur gerät außer Kontrolle und wird selbst zur Gefahr für ihren Schöpfer.

Der Mythos vom Menschen, der künstliches Leben erschafft, steht im Mittelpunkt der Ausstellung „Golem“ im Jüdischen Museum in Berlin-Kreuzberg. Die Schau bietet eine Vielzahl faszinierend-schauriger Golem-Darstellungen im Wandel der Zeiten: In Magiebüchern des Mittelalters und Wunderkammer-Objekten der Renaissance.

Und auch in der modernen Malerei, Literatur und Installation, im Comic, Video und Spielfilm. Ob umrankt von hebräischen Schriftzeichen, als ruheloser Nachtwandler, verpuppte Larve im Raum oder als Koloss mit Stein-Frisur. Die menschliche Sehnsucht nach Macht und Erlösung findet hier ihr Bild als Symbiose von Heil und Horror.

Der phantastische Roman „Der Golem“ von Gustav Meyrink (1915) hat das moderne Bild des Golem geprägt, ebenso der deutsche Stummfilm „Der Golem und wie er in die Welt kam“  (1920), in dem Regisseur Paul Wegener selbst den Riesengolem spielt. Wegeners Film gilt, dank expressionistischer Bildsprache, heute als Klassiker des Horrorfilms.

Die Pop-Kultur punktet mit Hulk vs. Golem – Comics, und interaktive user interfaces scannen die Gesichtskonturen der Besucher und passen sie der Projektion auf dem Bildschirm an. Das alles, auch die kitschige Kampffigur der Spielekonsolen, ist großartig.

Foto: Autorin im Jüdischen Museum Berlin, Bildausschnitt: Ktura Manor, War Time / Peace Time, Andorra, 2014, courtesy #jmberlin

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