Kategorie-Archiv: BERLIN – BLOG

Taxi nach Panama

kleintier1Nachts im Taxi nach Hause. Der Taxifahrer erzählt von Panama. Dort soll es hingehen, mit der Frau, später, wenn „das hier vorbei ist“. Er meint sein Berufsleben. Und dann beginnt es neu, das Leben. Er scheint schon alles im Plan zu haben. Dort unten sei es billig, und man spreche auch englisch. „Wenn wir die Wohnung hier verkauft haben“, sagt er, „so in sieben, acht Jahren, dann gehen wir weg.“ Ich horche auf. Sieben, acht Jahre. Der Mann ist Anfang 60, mit „später“ lässt er sich Zeit.

Büro

Der Kollege möchte um 15 Uhr gehen, traut sich aber nicht, trampelt mit den Füßchen, klappert mit der Maus. 15.30 verabschiedet er sich endlich, nachdem er eine Schleife auf Facebook gedreht, mit Jacke und Rucksack geraschelt und alle Tassen abgespült hat. Dann sagt er in den Raum hinein, er sei schließlich schon seit 7.30 Uhr da. Alles klar.

 

Spaß am Mittag

Der kleine Asia – Mann sitzt auf meiner Schulter und kichert in seinen weißen Zickenbart. Er lacht über mich und mein Drama, meine Gedankenspiele, die so trickreich sind und zu nichts führen, diese unsinnigen, lähmenden Gedanken. Er kichert über mein narzisstisches Elend, meine bange Frage, was nun Sinn und Richtung meines Lebens sei. Nicht zum Aushalten, wenn ich es aufschreibe, kommt mir selbst das Lachen.

Kreuzberg – Katrin

Katrin war verrückt, sagten die, die sie näher kannten. Als 15jährige hatte sie einen schweren Autounfall gehabt, der ihr Nervenzentrum beschädigt hatte. Man sagte, es sei ein Wunder, dass sie überlebt hatte, mit schleifendem Gang, die Glieder verrenkt, die Sprache undeutlich. Katrin kam im Sommer oft in die kleine Bar, diesen Open Air Spielplatz für Partyleute. Die Betreiber nannten ihn stolz Biergarten, aber das traf es nicht, zwar sitzte man draußen, auf Holzbänken und trank Bier, unter den Füßen Kieselsteine, über dem Kopf die Blätter alter Kastanien. Der Ort zwischen Mitte und Kreuzberg hatte seinen abgerissenen, ronzigen Charme. Berliner Anti-Schick, wenn man so will, alle mochten das in dem Sommer, die alten Techno-Hasen, die Nimmersatten, die Immerjungen, und – of course – die Party –  Touristen aus Dänemark, Holland, Italien. Doch zurück zu Katrin…

Prosecco im Park

Trinkteufel

 

 

 

 

 

 

Gehe durch den Humboldthain mit der Regenkapuze auf, kommt mir eine alte Frau entgegen, macht einen Riesenbogen um mich. Werde das Gefühl nicht los, sie hält mich für einen Junkie. Dabei – nur Prosecco in meinem Pappbecher. / Am Nettelbeckplatz feiern die Freunde des public drinking, dazwischen, aus einer runden Minibox so groß wie ein Marmeladenglas, scheppert „Ich will“ von  Rammstein.

Wunderkammer

StaunenStaunenStaunen

Am Anfang ist der Körper – Muskeln, Sehnen und Haut über den biegsamen Knochen, ein pumpendes Herz im Brustkorb, die Nacktheit kaum bedeckt. Er gleitet über den Boden und durch die Luft, umwindet Kletterstangen, schwebt am Trapez, dreht Hula Hoop Reifen und baut mehrteilige Menschen-Pyramiden. Es scheint, als überwinde der Körper die Schwerkraft. Sein Zusammenspiel von Kontrolle und Hingabe erzeugt pures Staunen. Das ist der fabelhafte „Cirque Nouveau“ der australischen Kompanie CIRCA, die mit ihrer neuen Show WUNDERKAMMER im CHAMÄLEON Theater gastiert.

Verdeckte Ermittlungen

Ronja aus Hassleben schleust Katrin bei einer Immobilienfirma ein. Katrin erfährt, dass ihre Hippie-Eltern, die sie vor 16 Jahren ins Waldorf-Internat abschoben, heute Big Player im Baugeschäft sind. Sie will wissen, warum, ermittelt undercover im Bereich dubiose Deals und deckt eine Verschwörung auf. Dabei stellt sich die Frage, ob es wirklich wirklich wirklich verwerflich ist, Froschschenkel zu essen.

Das Mädchen an Bord

Venus von BotticelliDas Mädchen an Bord ist müde. Vom Champagner, vom gleichmäßigen Schaukeln der Wellen, vom Genuss. Ach, denkt das Mädchen, und eine Sorgenfalte furcht seine Stirn, wäre ich doch wie jene dort drüben am Strand, die Kinder der Armut, ausgestattet mit dem nackten Leben, um das ich kämpfen müsste, täglich! Dann hätte alles einen Sinn, wenigstens! Die Kinder schleppen verbeulte Kanister und Gummireifen vom Müllberg und schauen für einen Moment zur Yacht, als spürten sie die Not des reichen Mädchens. In einem ersten Impuls will das Mädchen den Zerlumpten winken, doch dann besinnt es sich. Sei auf der Hut vor den Armen, hatte der Vater gesagt, halte Abstand, denn sie hassen dich. Und sie würden nicht zögern, dich zu vernichten. So, wie du sie vernichtest.

(Bild: Die Geburt der Venus, (c) Sandro Botticelli)

Muhammad Ali

Muhammad Ali Jumping, Chicago 1966 (c) Thomas Hoepker

Charlottenburg, Kantstraße, Ausstellungseröffnung in der Galerie CAMERA WORK. Auf den ersten, flüchtigen Blick sieht es nach einem Pool aus, in den es sich an diesem heißen Abend gut eintauchen ließe. Doch das Himmel-Wasserblau täuscht: Es ist die leuchtend blaue Matte im Boxring, aus der Vogelperspektive. Man schaut auf das Geschehen – von ganz oben – auf Kämpfer, Kampfrichter und Publikum. … „Muhammad Ali“ heißt die Gruppenfotoschau, schlicht und schön, man weiß ja, wer gemeint ist. Zwei Dutzend Fotografen haben Ali von 1960 bis 1980 begleitet, bei seinen Kämpfen, seinen exzentrischen Posen und seinen schmerzhaft harten Trainings.  Herausgekommen ist eine Auswahl von Aufnahmen, die den berühmten Boxer zeigen: Ali den Angeber, den Hoffnungsträger, den Businessman, den Entertainer. Und – den genialen Sportler.

(Foto: Muhammad Ali Jumping, Chicago 1966, (c) Thomas Hoepker)