Neulich erzählte mir M. von Gropiusstadt in den 90ern, und dem Camp David Trend. Als die Proll-Marke in der Platte aufkam, liefen viele Jungs ganz stolz in den Klamotten rum, vor allem samstags in der Disko. Für M. waren das „Blödmänner in Scheißklamotten“, die aber teuer waren. Deswegen taugten sie zum Statussymbol. Wir lachten, und ich stellte mir blonde Cheerleaderinnen vor, die Cola-Rum trinken mit Camp David Hengsten. Ein paar Tage später sehe ich in Prenzlauer Berg einen Mann mit Camp David Jacke. Dazu trägt er Stone-Washed-Jeans und Basecap, sein graues Gesicht ist eingefallen, er hat Mühe, sich zu halten. Es ist Sonntagvormittag, ich warte auf die Bahn, der Mann, Mitte Vierzig, wankt auf mich zu. Wahrscheinlich auf Drogen, denke ich, und wende den Blick ab, will nicht angesprochen werden. Doch er hat mich ins Visier genommen. Ob ich wüsste, wie viele Stationen es bis Paul-Heye Straße seien, ich gebe mir Mühe und zähle drei. Er bedankt sich, und meint, nach dem Insulinspritzen sei es schwer mit der Orientierung, ein Glück, dass es nicht weit sei. Ich nicke, denke Scheiß auf die Klamotten. Die Bahn kommt.