Schlagwort-Archiv: Köpenick

Glanzfilm Fabrik

Abenddämmerung: Laufen mit S., links die Spree, rechts die Pension, Themen sind Essen, Trinken und Piloten. Wir laufen über den Katzengrabensteig in die Filmfabrik-Siedlung. Das sind würfelförmige, denkmalgeschützte Backsteinbauten aus den 20ern. In den Werksgebäuden der „Glanzfilm AG“, die 1927 an KODAK ging, 1941 von den Nazis als „Feindvermögen“ beschlagnahmt und nach Kriegsende enteignet wurde, stellte man bis 1990 Röntgenfilme her. Heute ist alles kernsaniert für Mieter mit Zukunft. Viele wollten gar nicht mehr in die Innenstadt, sagt S., wenn der BER Flughafen mal fertig sei, wären die doch vom Flieger schnell zuhause, ein ganz großer Vorteil. Wir laufen an einer ebenerdigen Wohnung vorbei, vollgestopft mit Möbeln, Weihnachtsschmuck und Lichterketten. Am Fenster steht ein halbnackter Mann mit merkwürdigem Blick, eine Schaufenterpuppe. So beginnen Horrorfilme, oder nicht? 

Schmetterlingshorst

Köpenick. Es ist einer der letzten schönen Herbsttage, mit Sonnenschein, blauem Himmel und 15 Grad. Im Biergarten Schmetterlingshorst verkaufen sie Bockwurst, Bier, Kaffee und Kuchen aus einer Fensterluke, die Leute stehen geduldig an und warten. Einer geht vorbei mit seinem Hund, einem niedlich-nervösen Jack Russell Terrier. Jemand ruft ihm quer über die Sitzbänke zu, er kaufe seinen Hund, was er denn haben wolle, der dürfe auch in seinem Bett schlafen. Dem Mann mit Hund ist es peinlich, er geht weiter ohne zu antworten, sein Hunde guckt von Mann zu Mann, vielleicht spürt er, dass es um ihn geht. Na lieber nicht, rutscht es mir raus, als ich den Ausflügler im Bierdunst sehe, lieber nicht in einem Bett schlafen, der Hund ist doch nicht blöd. Der Hundebesitzer lächelt mich an.Wels

Köpenick: Krampenburg

Schmetterlingshorst an der DahmeDauercamping mit Imbisslokal. Zum Tresen gehst du über Holzstiegen, darunter hellgrauer Sand. Karibik irgendwie. Vor dem Lokal gibt es Spritzbeton-Flachbau und Blumenrabatten. Eine Kaurismäki-Film-Stimmung zwischen saukomisch und herzzerreißend. Die dicke junge Frau hat Mühe, ihr Kind zu halten, einen Säugling mit quadratischem Kopf. Es ist heiß, das Kind kräht, die Frau sagt mit leiernder Stimme immer wieder: Wo ist dein Dino, wo ist dein Dino? Das Gummispielzeug liegt ein Stück weiter auf den Gehweg geschleudert. Ein großer dünner Mann sitzt da mit seinem struppigen Hund, der vor sich hin bellt, eine Eins-A-Töle. Darfst du aber nicht mehr sagen heute, weil Diskriminierung. Der Mann trinkt sein Flaschenbier, steht auf und geht, sein linkes Bein ganz steif. Die Toiletten im Spritzbeton-Flachbau sind verschlossen, Dauercamping, da soll nicht jeder rauf. Eine Kabine gibt es für Gäste. Ich denke an die Ferienlager früher: Sportfest, Läusekontrolle, Disco. Zum Abendbrot kalter Kräutertee aus Plastetassen. Ich sitze auf einer Schaukel, damals, heute, und fliege in den blauen Himmel. Dann muss ich los, zur Fähre. Die heißt hier „Fährbär“.

(Bild: Dampfersteg an der Dahme, Köpenick)