Kategorie-Archiv: BERLIN – BLOG

2018: Traum & Vorsatz

Frau mit Katze im Traum

Im Traum treffe ich Kurte, der früher Hausmeister in unserer Schule war. (Ich ging auf eine POS aus altem Backstein an der Prenzlauer Allee. Ich war Schlüsselkind und durfte mittags nachhause.) Kurte, und nicht Kurt, weiß auch nicht, warum. Der Traum-Kurte ist nicht mehr der gutmütige, alte Mann (45) aus meiner Erinnerung, mit blauem Arbeitskittel, Bierbauch und Stoppelbart, sondern jung und knackfrisch wie eine nicht geschlagene Weihnachtstanne. In meinem Traum liegen wir komplett angezogen gemeinsam mit anderen Leuten in einem Bett, der Morgen graut und die Stimmung ist Party, mit leicht abfallender Kurve. Kurte meint, er sei doch Kurte, von früher, nur viel jünger, und er müsse mich unbedingt wiedersehen. Ich sage, das hätte keine Zukunft. Kurte schluchzt. Schnitt: Ich sitze zuhause am Computer und finde eine Mail in meinem Postfach, von Kurte, was mich wundert, denn ich habe ihm keine Adresse gegeben. Der alte Fuchs, denke ich geschmeichelt. Dann öffne ich die Mail, und heraus springt ein grinsender Horror-Clown. Ach Kurte, du Kind, ist DAS deine Art zu lieben? Ich nehme mir vor, nie wieder zu träumen.

Putzen, Pissen, Feiern

Flamingo mit Apfel kann putzen

Die Raumpflegerin aus Bosnien pflegt ihr krankes Kind und fällt ein paar Tage aus. Als Vertretung kommt ein Duo, die eine um die 50, dürr wie ein Zaunpfahl und mit sich selbst redend, die andere Mitte 20, freundlich, pummlig, rosa Leggings. Die Ältere nörgelt pausenlos vor sich hin. So, jetzt muss ich noch die Klos putzen, ach, das ist ja eine Sauerei, da könnte ich schon wieder! – In der Küche war ich schon, jetzt muss ich noch die Gänge saugen. hm hm. Sie summt und singt, ihre Umgebung blendet sie aus. Die Jüngere bewegt sich mit den Müllbeuteln in der Hand langsam und schwer wie eine Schildkröte. Kollege M. flieht vor der Putzkolonne nach vorn in die Küche. Später quiekt er vor Entsetzen: Die Männertoilette ist mit alten Urinspritzern übersät. Und gleich geht die Betriebsfeier los!

Damenbinden bei EDEKA

Kirschen und Binden bei EDEKA

Sommerbild mit M.: Wir treffen uns vor EDEKA um Bier zu kaufen. Später werden wir im Park auf einer Bank sitzen, reden, lachen und küssen. Draußen ist laue Dämmerung, in mir leuchten Diskokugeln, und nach außen gebe ich mich cool. Bei den Hygieneartikeln macht M. plötzlich Halt, zieht mich zu sich und zeigt auf einen Stapel mit Damenbinden-Packungen im Trend-Design (neon-gelbe und rosa Punkte auf schwarzem Untergrund). – Die leuchten auch im Dunkeln, sagt er. Ich lege meinen Kopf an seine Schulter, matt und froh. – Der Spruch ist von mir, sage ich. – Ja, sagt M.

Killerfish am Volkspark

Killerfish

Asiatisch essen: Ingwer – Ente für S., Glasnudel – Rind für mich. Das Gespräch quält sich dahin, S. hat eine depressive Episode. Neben unserem Tisch leuchtet ein Aquarium mit winzigen, bunt gestreiften Fischen. Sie passen in eine Streichholzschachtel und schwimmen pausenlos umher, in blassgelb, hellblau, rosa und grün. Scheinbar bewegungslos lungert ein großer, dunkler Fisch auf dem Zierstein herum. Plötzlich schießt er hervor und jagt die kleinen Fische. Spaß? Mordlust? … Ich rücke ganz nah an die dicke Glasscheibe, klopfe mit den Fingerköcheln und sage Killerfish, Killerfish. Immer wieder klopfe ich an das Glas. Ruckartig richtet der dunkle Fisch sich auf und stiert mich an. S. lacht, das erste Mal an diesem Abend. Dann starrt der Fisch IHN an. … Auf dem Heimweg kommen wir am Fish Spa vorbei. Der Fußkosmetik-Laden ist geschlossen, doch drinnen läuft ein Video, mit dreckigen Füßen, an denen Schwärme bunter Fische knabbern.

 

Geburtstag in Ostberlin

Geburtstag

Heute ist mein Geburtstag. Früher hatte ich an diesem Tag immer frei, wie die gesamte DDR-Bevölkerung, es war der Tag der Republik, und Kinder wie ich, am DDR-Nationalfeiertag geboren, hießen Republikskinder. Als ich klein war, nahm mich mein Vater mit zur großen Militärparade auf der Karl-Marz-Allee in Ostberlin. Ich saß auf seinen Schultern und staunte Panzerrohre an. Die Allee war gesperrt für den Autoverkehr, hier marschierten die Werktätigen mit ihren Kampfgruppen, die Pioniere, FDJler und die Turnerinnen der Rhythmischen Sportgymnastik für Frieden und Sozialismus. Auf der Tribüne standen Mitglieder des Politbüros des ZK der SED (Erich Honecker, Günter Mittag, Egon Krenz und andere) und winkten dem Volke zu. Ein alter Mann mit Hut, umringt von anderen alten Männern. Mein Vater zwinkerte und sagte, die Militärparade sei extra für mich gemacht. Dann aßen wir am Alexanderplatz Bockwurst und Streuselkuchen, den wir gegen Gratis-Essensmarken der Siebten-Oktober-Parade tauschten.